Gestohlene Kunst - Die Heimkehr

geschrieben von Patrick Morgan

Angesichts neuer Gesetze sind nun immer mehr Museen bestrebt, skrupellos und illegal beschaffte Kunstwerke wieder in ihre Herkunftsländer zurückzubringen. Lesen Sie mehr über die aktuellen Rückführungen von Kunstwerken und warum es heute wichtiger denn je ist, eine moralisch einwandfreie Sammlung aufzubauen.

Ahnenschrein im Königspalast, Benin City, 1891: das früheste bekannte Foto der Anlage des Oba. Man beachte die "Bronzeköpfe" an beiden Enden des Schreins.. Bild: Public Domain

Rückführung von Raubkunst aus Museen in aller Welt

Eine ganze Reihe wichtiger und kulturell bedeutsamer Kunstwerke befindet sich nach jahrelangen Verhandlungen jetzt schließlich auf dem Weg nach Hause. Zahlreiche Benin-Bronzen, die während der britischen Strafexpedition von 1897 geraubt wurden, werden an Nigeria zurückgegeben. Diese unschätzbaren Artefakte aus dem 13. bis 19. Jahrhundert wurden während der Belagerung im 19. Jahrhundert aus dem Königspalast des Oba in Benin gestohlen und an private Sammler und Museen in aller Welt verkauft. Die meisten dieser Bronzen landeten in verschiedenen Museen in England, Deutschland, Frankreich, Holland, Belgien und den Vereinigten Staaten.

Deutschland unterzeichnete erst kürzlich ein Abkommen, in dem die Rückgabe von 512 dieser geraubten Objekte an Nigeria in den kommenden Jahren vorgesehen ist. Die erste Gruppe von Bronzen, die zurückgegeben werden sollen, ist derzeit noch im Humboldt-Museum in Berlin in einer Abschiedsausstellung zu sehen und wird später in diesem Jahr zurückgehen. Ein Drittel der Bronzen wird als Museumsleihgabe in Deutschland verbleiben, ein weiteres Drittel wird für akademische Studien genutzt und schließlich sollen alle an Nigeria zurückgegeben werden.

Auch das Horniman Museum in London hat kürzlich eine ähnliche Vereinbarung bekannt gegeben. Alle 72 Benin-Bronzen aus seiner Sammlung sollen in den kommenden Jahren an die nigerianische Regierung zurückgegeben werden. Einige Bronzen verbleiben jedoch als Leihgaben für Ausstellungen und künftige Forschungen in dem Museum. 

Auch das Smithsonian Institute's National Museum of African Art stimmte im vergangenen Jahr einem ähnlichen Schritt zu und will seine Sammlung geraubter Bronzen ebenfalls an die nigerianische Bevölkerung zurückzugeben.

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Idealisierte Darstellung von Benin City durch einen niederländischen Künstler in "Beschreibung von Afrika".(1668).

Idealisierte Darstellung von Benin City durch einen niederländischen Künstler in "Beschreibung von Afrika".(1668). Bild: Public Domain

Einfiguriges Schild, Mitte des sechzehnten bis siebzehnten Jahrhunderts, gegossene Kupferlegierung, Dallas Museum of Art

Einfigurige Tafel, Mitte des sechzehnten bis siebzehnten Jahrhunderts, gegossene Kupferlegierung, Dallas Museum of Art. Bild: Public Domain

Britische Museen und das Gesetz „Charities Act 2022“

Offensichtlich war das British Museum bislang aufgrund zweier kaum bekannter Gesetze von diesen Rückführungsversuchen ausgenommen: dem British Museum Act von 1963 und dem National Heritage Act von 1983. Nun wurde jedoch gerade ein neues Gesetz verabschiedet, das Charities Act 2022, das diese früheren Beschränkungen aufhebt. Es erlaubt allen nationalen Museen, Objekte, die unter moralisch fragwürdigen Umständen entwendet wurden, in ihr Ursprungsland zurückzuführen bzw. aus dem Besitz zu nehmen. Dies wiederum könnte die Tür zu anderen wichtigen Kunstwerken in den Sammlungen des British Museums öffnen – insbesondere zu den Parthenon-Marmoren, die zwischen 1802 und 1812 von Lord Elgin beschlagnahmt und, da andere griechische Tempel während der osmanisch-habsburgischen Kriege beschädigt worden waren, unter dem Vorwand der Konservierung nach England gebracht wurden.. Im Wesentlichen wurde der Diebstahl im Laufe der Jahre damit gerechtfertigt, das sie theoretisch hätten zerstört worden können, wenn man sie an ihrem ursprünglichen Standort auf dem Parthenon gelassen hätte.

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Dieses Gemälde von Archibald Archer (1791-1848) zeigt eine idealisierte Ansicht des temporären Elgin-Saals im Museum im Jahr 1819 mit Porträts von Mitarbeitern, einem Treuhänder und Besuchern

Dieses Gemälde von Archibald Archer (1791-1848) zeigt eine idealisierte Ansicht des temporären Elgin-Saals im Museum im Jahr 1819 mit Porträts von Mitarbeitern, einem Treuhänder und Besuchern. Der Raum wurde vom Architekten des Museums, Robert Smirke, für die vorübergehende Ausstellung der Skulpturen aus dem Parthenon, die als „Elgin Marbles“ bekannt wurden, entworfen. Lord Elgin hatte sie aus Athen mitgebracht, dann wurden sie von der Regierung erworben und 1816 dem Britischen Museum übergeben. Bild: Public Domain

Illegale Kunsthändler und ihr Fehlverhalten

Vor kurzem hat die kambodschanische Regierung damit begonnen, die Rückgabe von über hundert wichtigen Kunstwerken aus den Sammlungen des Victoria and Albert Museum und des British Museum zu fordern. Die fraglichen Statuen wurden während des Regimes der Roten Khmer, das von 1975 bis 1990 durch jahrzehntelange humanitäre Misshandlungen gekennzeichnet war, aus wichtigen Tempeln in ganz Kambodscha geraubt. Die Stücke waren laut den Bestimmungen des Haager Kulturgüterübereinkommens geschützt, wurden jedoch dennoch illegal exportiert und von dem 2020 verstorbenen britischen Kunsthändler Douglas Latchford verkauft. Zum Zeitpunkt seines Todes war er bereits wegen Handels mit gestohlenen Antiquitäten angeklagt. Seine Tochter und zugleich Alleinerbin, verzichtete auf die persönliche Sammlung der Familie und gab den gesamten Bestand der Familiensammlung an die kambodschanische Regierung zurück.

Sitzende Figur in einer Nische; 950-975 n. Chr.; im Stil von Bantey Srei gefertigt; Dallas Museum of Art

Sitzende Figur in einer Nische; 950-975 n. Chr.; im Stil von Bantey Srei gefertigt; Dallas Museum of Art. Bild: Public Domain

Anfang des Monats wurden im Metropolitan Museum of Art in New York 27 Kunstwerke aus Italien und Griechenland von der Staatsanwaltschaft in Manhattan beschlagnahmt. Die Stücke haben einen Wert von mehr als 13 Millionen Dollar und wurden von Händlern verkauft, die im Verdacht stehen, illegal mit Antiquitäten zu handeln. Bei dem bekanntesten dieser Händler handelt es sich um Gianfranco Becchina, der seit mehreren Jahrzehnten ein bedeutender Experte und Händler für Antiquitäten ist. In seiner Galerie Antike Kunst Palladion in Basel, Schweiz, verkauft er bedeutende Kunstwerke.

"Inter Caetera" - Mit Erlaubnis des Papstes

Wenn man die Geschichte aus heutiger Sicht betrachtet, sind die kolonialen und missionarischen Aktionen vom 15. bis zum 19. Jahrhundert nur schwer moralisch zu rechtfertigen. Das ursprüngliche Dokument, das dafür sorgte, dass Hunderte von Schiffen mit Entdeckern, Kolonialisten und Missionaren über mehrere Jahrhunderte hinweg in See stachen und ihre Taten begingen, wird jedoch selten, wenn überhaupt, erwähnt. Es handelt sich um eine päpstliche Bulle aus dem Jahr 1493 mit dem Titel "Inter Caetera". Sie wurde vom Borgia-Papst Alexander VI. für Christoph Kolumbus geschrieben, um seinen Entdeckungsreisen rund um die Welt die Autorität eines göttlichen Ritus zu verleihen. Seine Mission sollte es demnach sein, das Wort Gottes im Namen der katholischen Kirche zu verbreiten. Eine ganz bestimmte Zeile der Bulle fasst die Mission zusammen: "dass für die Gesundheit der Seelen gesorgt wird und dass barbarische Nationen gestürzt und zum Glauben selbst gebracht werden". Im Grunde genommen wurden also alle aggressiven Handlungen, einschließlich der Beschlagnahmung von Land, natürlichen Ressourcen, Menschen sowie religiösen und wichtigen kulturellen Artefakten, im Namen Gottes durchgeführt. Eben deshalb waren alle Handlungen im Wesentlichen über jeden Vorwurf erhaben, da sie als Gottes Werk angesehen wurden und nur dazu dienten, die Eingeborenen zum wahren Glauben zu bekehren. Diese Bulle hat jahrhundertelange koloniale und missionarische Aggressionen gerechtfertigt und ist tatsächlich nie aufgehoben worden. Gegenwärtig gibt es einen neuen Aufruf zur Aufhebung dieses historischen Dokuments, das den Weg für zahllose humanitäre Gräueltaten geebnet hat. Es gilt jahrhundertelange koloniale Expansion im Namen Gottes wiedergutzumachen.

Porträt des Borgia-Papstes Alexander VI., spätes 15. Jahrhundert, Vatikanische Museen

Porträt des Borgia-Papstes Alexander VI., spätes 15. Jahrhundert, Vatikanische Museen. Bild: Public Domain

Wie kann man noch ethisch sammeln?

In der modernen, bewussten Welt von heute müssen wir alle Kulturen und Völker respektieren. Die Bestrebungen, wichtige Kulturgüter in ihre Herkunftsländer zurückzubringen, nehmen zu und sind ein großer, ein wichtiger Schritt, um allen Kulturen, die in der Vergangenheit durch koloniale Missetaten geschädigt wurden, Respekt zu erweisen. Und um endlich einen Weg zu finden, gemeinsam als eine Gesellschaft voranzukommen, die die Rechte und die Würde aller Völker achtet.

Wir werden nie aufhören, schöne Dinge aus aller Welt zu sammeln. Es sind eben jene Dinge, die unsere Fantasie anregen und uns in alte, einfache Zeiten zurückversetzen. Darum suchen wir auf Reisen nach interessanten Souvenirs, kaufen schöne Werke in Galerien oder bezahlen bei einer Auktion zu viel für ein besonderes Stück, einfach nur weil das Bietergefecht so leidenschaftlich war ...

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Der Aufbau einer moralisch vertretbaren Sammlung, sei es für ein Museum oder zum persönlichen Vergnügen bzw. zur Investition, erfordert heute nicht nur ein starkes Augenmerk auf die Provenienz und die Umstände, unter denen ein Objekt erworben wurde, sondern auch ein gewisses Maß an Sorgfalt, um sicher zu sein, dass der Händler, bei dem man kauft, tatsächlich ehrlich und transparent handelt. Fragen Sie beim Kauf auf einer Auktion immer den Experten, ob es irgendwelche Belege bezüglich der Provenienz gibt (oft ist die angegebene Provenienz nämlich nur eine mündliche Geschichte ohne tatsächliche Beweise). Wenn die Provenienz eines Werks gut vermerkt und dokumentiert ist, kann dieser Nachweis, ein Kunstwerk um ein Hundertfaches mehr wert machen als ein ähnliches Werk, dem die Provenienz fehlt. So kann nämlich bewiesen werden, dass das Werk auf legale Weise gesammelt und erworben wurde, von einem bedeutenden Museum oder Sammler gehandhabt wurde, von einem bekannten Händler verkauft oder veröffentlicht und in einer seriösen Ausstellung oder einem Museum ausgestellt wurde.

Neues Akropolis Museum, Athen. Ruinen im Eingangsbereich

Neues Akropolis Museum, Athen. Ruinen im Eingangsbereich. Bild: Tomisti / License: CC BY-SA 3.0

Abschließend müssen wir uns fragen, ob ein wichtiges Kulturgut nicht in Wirklichkeit viel zu wichtig ist, um gekauft oder verkauft zu werden? Und wenn dem so ist, sollten wir dann nicht einige dieser umstrittenen Stücke, die in den letzten hundert Jahren unter unethischen Umständen aus ihren Herkunftsländern entwendet wurden, schnell und unverzüglich zurückgeben?

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Patrick Morgan ist Händler und Experte für Stammeskunst und lebt seit 2002 in Paris. Er begann seine Karriere in den späten 1980er Jahren mit dem Sammeln von Textilien und Stammeskunst im Goldenen Dreieck von Thailand, Laos und Burma. 1992 unternahm er mehrere Reisen pro Jahr, ausschließlich nach Mali, um Textilien und rituelle Kunst der Dogon-, Senufo- und Bambara-Kulturen zu erwerben. Seit 1998 stellt er diese Funde zusätzlich zu Stücken aus bedeutenden amerikanischen Sammlungen auf den großen US-Messen für Tribal Art in San Francisco, Santa Fe und New York sowie auf den europäischen Messen in Paris und Berlin aus. Er hat für mehrere europäische Auktionshäuser als Berater und Experte gearbeitet.

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